Texte --- Vorträge, Radio, Workshops und Podiumsdiskussionen --- Projekte
Liebe und Sexualität sind in allen Kulturen und zu
allen Zeiten fortlaufenden Veränderungsprozessen unterworfen. Die Ursachen
sind vielfältig: Neue Lebensideale gewinnen an Aufmerksamkeit. Praktiken
der Liebe und Sexualität werden kultiviert oder als obsolet angesehen.
Soziale und wirtschaftliche Umbrüche lassen neue Sozial- und
Begegnungsformen als vorteilhafter zur Lebensgestaltung erscheinen. Eine
der zentralen Errungenschaften unserer Zeit ist z.B., dass in einigen Gesellschaften, die viele Jahrhunderte von einer Männerherrschaft geprägt waren, es mittlerweile gesellschaftlich geächtet ist, gegenüber Schwächeren bei der Ausübung von Sexualität Gewalt und Zwang auszuüben.
Doch das ist bei weitem nicht die einzige
Veränderung. So verbreiten sich in den westlichen Industrieländern seit
mehreren Jahrzehnten neue Formen erotischer Praktiken und Künste, die in
Szenetreffs, Ratgeberliteratur, Filmen und Workshops praktiziert,
vermittelt, weiterentwickelt und verfeinert werden. Dazu mag man so
heterogene Dinge wie rituelle Erotik (etwa Neotantra und Tantramassagen),
Swinging, BDSM, Fetisch- und Begegnungsparties, "neue Orgien" oder
sexuelle Energielehren zählen. Einige von ihnen haben längst schon die
Aufmerksamkeit des Mainstreams erregt. Eine ähnliche Diversifizierung fand
auch in der Liebe statt. Das Modell der lebenslangen sexuell exklusiven
Ehe zwischen Mann und Frau, die in einer Wohnstatt zusammenleben, ist bei
weitem nicht mehr das einzige relevante Partnerschaftsmodell in den
westlichen Industriestaaten. Singlehaushalte, homosexuelle Partnerschaften
und serielle Monogamie (exklusive dyadische Partnerschaften auf Zeit)
finden immer mehr Verbreitung. Die traditionelle Grenze in unserer Kultur,
gemäß der erotische Liebesbeziehungen von Freundschaften (in denen
Zuneigung nicht sexuell ausgedrückt wird) zu trennen sind, wird sowohl in
dem privaten Lebensalltag wie in der öffentlichen Kommunikation immer
öfter in Frage gestellt. Wir wissen zudem durch Untersuchungen, wie
frappierend hoch seit Jahrzehnten das Vorkommen von sexuellen
Seitensprüngen bei monogamen dyadischen Partnerschaften ist, vor allem in
städtischen Milieus. Neu ist hier, dass diese immer schon diskrete Praxis
durch Vermittlungsagenturen und Ratgeberliteratur als akzeptabel
thematisiert und offen kommerzialisiert wird.
Die Forschung zeigt auch, daß seit mindestens 40
Jahren ein konstanter, kleiner Teil der Bevölkerung einvernehmlich
nicht-monogame Formen von Partnerschaft, Liebe und Sexualität lebt.
(Derzeit wird von 4 - 5 Prozent der erwachsenen Bevölkerung ausgegangen.)
Solche einvernehmlichen Formen von Nicht-Monogamie sind eine Antwort auf
das Bedürfnis, sexuelle Erlebnisvielfalt und -freiheit mit Ehrlichkeit,
Verantwortung, Verlässlichkeit und dem Willen zur gemeinsamen
Lebensgestaltung zu verbinden. Bereits seit über 150 Jahren lassen sich
sowohl weltanschaulich-politische Bewegungen, die programmatisch
nicht-monogame Lebensformen propagieren, als auch einzelne
Bevölkerungsmilieus der gesellschaftlichen Oberschicht und der
künstlerischen Bohème ausmachen, in denen Libertinage als akzeptabel gilt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich eine öffentlichkeitswirksame
Bewegung der "Freien Liebe", die neue Partnerschaftsformen nicht selten
mit alternativen und kommunitären Lebensentwürfen und umfassenden
gesellschaftlichen Reformvorstellungen verband. (In intentionalen
Gemeinschaften mit starker ökologischer und antikommerzieller Ausrichtung
sind nicht-monogame Lebensentwürfe bis heute deutlich mehr verbreitet als
im gesellschaftlichen Mainstream.) Ab 1990 organisierten sich unter dem
Begriff "Polyamory" im US-amerikanischen Raum Menschen, die in
einvernehmlichen Liebesbeziehungen zu mehreren Personen leben oder solches
anstrebten, dies aber nicht zwangsläufig mit einem umfassenden
Gesellschaftsprogramm verbanden. Diese Strömung kann als entideologisierte
Antwort der gut ausgebildeten Mittelschichten auf die "Freie
Liebe"-Bewegung begriffen werden. Seit etwa 2002 begannen sich auch im
deutschsprachigen Raum Menschen unter diesem Schlagwort über Websites,
Mailinglisten und Stammtischen zu vernetzen.
Das sich seit 2007 intensivierende Interesse der
Massenmedien an polyamoren Lebensentwürfen mit all ihren Reportagen und
O-Tönen beobachte ich zwiegespalten. Die Boulevardisierung des
Privatlebens und die massenmediale Präsentation des eigenen Liebeslebens
ignoriert nicht nur die Warnung von Hannah Arendt, daß das private Leben
verbrennt, wenn das gleißende Licht der Öffentlichkeit auf es gerichtet
wird. (Ich bin davon überzeugt, dass es jeder individuellen Liebe schadet,
wenn sie auf Podien oder Talkshow-Sesseln verhandelt oder breitgetreten
wird.) Sie ist ausserdem Teil einer untergründigen Kulturströmung, in der
Formen des Intimlebens zum Objekt einer neuen kontitionierenden Biopolitik
gemacht werden, und erzeugt so Effekte, die ganz und gar nicht zu den
Idealen derjenigen passen, die sich öffentlich mit ihren alternativen
Partnerschaftsentwürfen präsentieren. Zugleich erkenne ich aber an, daß
immer wieder Menschen durch solche öffentlichen Berichte zum ersten mal
davon erfahren, dass andere ähnlich lieben wie sie.
Ich selbst lebe seit mehr als zwei Jahrzehnten in
einem sozialen und kulturellem Umfeld, in dem nicht wenige Menschen
nicht-dyadische Formen von Liebe praktizieren oder sich mit erotischen
Künsten beschäftigen. Ich habe vielfältig damit im Alltag zu tun und
begegne diesen Dingen auf Schritt und Tritt. Ich bin zwar überzeugt, dass
- wie es Michel Foucault einmal in Bezug auf die schwule Szene formulierte
- solche Lebensweisen und Praktiken "Diagonalen" in das gesellschaftliche
Machtnetz zu ziehen vermögen, glaube jedoch nicht daran, daß sie "besser",
"natürlicher" oder "fortschrittlicher" als andere sind oder gar zu einer
"Befreiung" der Sexualität oder der Liebe beitragen. Sie können ebenso
Engstirnigkeit, Verantwortungslosigkeit, Unreife widerspiegeln wie sie
Ausdruck von Reife, Umsicht und Weitsicht sein können. Aber sie sind
konstanter Teil meiner Lebensumgebung, beeinflussen nunmal mein Leben und
ebenso das Leben vieler, die mir nahestehen.
Deshalb setze ich mich für die Entwicklung von
komplexen Lebenszusammenhängen ein, die die Liebe im Plural oder auch die
Ausübung diverser erotischer Künste nicht nur stützen, sondern als
Bestandteil eines guten Lebens ermöglichen. Solche Praktiken verlangen der
moralischen und politischen Reflektion. Es stellt sich die Frage, wie
nicht nur Gewohnheiten ausgeübt, sondern ein Ethos kultiviert wird - und
sei es nur für kleine Gruppe von Menschen. Das ist keine triviale Frage:
Wir leben in einer Welt, die jahrhundertelang auf das heterosexuelle
monogame Paar zugeschnitten war und ein ganzes Lebensnetz aufspannte, um
die monogame Ehe zu tragen. Zugleich wurde Liebe und Sexualität
privatisiert, als Angelegenheit einer Einzelnen betrachtet. Wer also im
schickem Habitus des Bohémiens und der Libertine auch die Liebe und
Sexualität zu mehreren Menschen als etwas ansieht, das man alleine und für
sich regelt, befindet sich ganz in Übereinstimmung mit dem
individualistischen Zeitgeist. Die erotische Einzelkämpferin, die sich
freizügig auf dem Paarungsmarkt bedient, steht nicht im Gegensatz zur
treusorgenden, monogamen Lebensabschnittsgefährtin, sondern ist ihr
gesellschaftliches Alter Ego. Beide verfolgen individualistische Entwürfe
von Liebe, in der andere Menschen oft eher Mittel statt Zweck sind.
Aber für eine Vielzahl an Menschen haben
nicht-monogame Formen der Liebe und Sexualität - vor allem dann wenn sie
verantwortungsvoll gelebt werden soll - Auswirkungen auf alle möglichen
Bereiche des Lebens: Soziale Absicherung, Wohnraum, Familienplanung,
Pflegearrangements bei Krankheit und im Alter, Geschlechterrollen,
Gesundheitsfragen und Hygiene, Einkommensaufteilung, Hausarbeit,
Versorgungsansprüche, Zeitaufteilung des Alltag, Erbschaftsfragen,
Schwangerschaft, Umgang mit Eltern, Kindern und Verwandten und vieles
mehr. Sie wollen oder können sich aus ökonomischen, sozialen oder
ethischen Gründen den Modus der Einzelkämpferin nicht leisten, sondern
sind ebenfalls auf ein Lebensnetz angewiesen, das ihre Art zu lieben
unterstützt: Kommunikationstechniken und andere zwischenmenschliche
Fertigkeiten,Rollenmodelle, Vorbilder, Symbole, Geschichten,
Spruchweisheiten, Institutionen, moralische Begriffe, Tugenden,
Mikropraktiken, Sitten und Gebräuche, Gesetze, neue Arbeitsformen und
vieles andere mehr. Ich bin zudem überzeugt, dass neue Sozialformen im
Zusammenleben - ähnlich der intentionalen Gemeinschaften und der
Wahlfamilien - benötigen, wenn die Liebe im Plural und andere
nicht-dyadische Formen der Sexualität nicht in einer Kultur des
wechselseitigen erotischen Benutzens enden wollen.
"We are a seduction squad. - Sozialökologische Gemeinschaften als Neotopie für Wirtschaft, Technik, Familie und Zwischenmenschliches"
Vortrag auf der "interfiction XXIV/2017- Interdisziplinäre Workshop-Tagung für Kunst, Medien und Netzkultur im Rahmen des Kasseler Dokumentarfilm- und Videofests"; geleitet von Prof. Dr. Verena Kuni; Kassel, 17. - 19. November 2017
(Den neuen sozialökologischen Gemeinschaften kommmen seit den 80er Jahren mit ihren Techniken der Fremd- und Selbstmodellierung eine geschichtliche Pionierrolle hinsichtlich der Psychologisierung von menschlichen Beziehungen, dem Authentizität in der Politik und neuer Formen einer biopolitischen Hygienelehre zu. Der Vortrag erläuterte ihre ambivalente Rolle als Lebensstil-Pionier und Wegbereiter zeitgenössischer biopolitischer Gouvernementalität anhand eines Randphänomen der Gemeinschaftsbewegung, der Propagierung nicht-monogamer Lebensweisen. Obwohl historisch gesehen nur in ganz wenigen Gemeinschaften relevant, war dieses Thema aufgrund der dabei verwendeten Selbsttechniken kulturell und sozial wirkmächtig.)
"Liebe und ihre Abweichungen"
Vortragsreihe auf dem "Neunzehnten überregionalen Treffen für polyamore
Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V. (PAN); Gut Frohberg / Käbschütztal, 6. bis 9. Oktober 2015
(Etwa 50 Teilnehmerinnen waren an drei aufeinanderfolgenden Tagen geduldig und aufmerksam bereit, sich Dutzende von Tabellen und Grafiken sowie begriffliche, geschichtliche und sexualpolitische Analysen zu Gemüte zu führen.)
"Liebe, nicht nur Sex! – das Phänomen Polyamory"
Vortrag im Rahmen des "Liebeskunstfestival - the very first time", in Berlin, 21. August 2015
(Das "Amory" in dem Wort "Polyamory" macht die starke Verbindung der Poly-Bewegung zu den Ideen der "Romantischen Liebe" deutlich. Von einigen Akteuren wird der Begriff entsprechend offensiv zur Abgrenzung benutzt, etwa gegenüber sogenannten "rein sexuell" motivierten Beziehungen zu mehreren. Der Workshop warf sowohl einem Blick auf die Geschichte der Polyamory-Bewegung, die Ursachen für diese Abgrenzung als auch darauf wie Begriffe wie Freundschaft, Sex und Liebe entstehen und sich aufgrund veränderter Lebensgestaltung verändern.)
"Polyamory
- Lieben im Plural"
"Theologische Lounge auf dem blauen Sofa" im Rahmen
der Veranstaltungsreihe "LIEBESLEBEN - Identität und Lebensform",
veranstaltet durch die Evangelischen Hochschulgemeinde Kassel (ESG);
Kassel, 14. Januar 2014
(Auf Einladung des engagierten Studierendenpfarrers Krischan Heinemann
stellte ich den Zuhörerinnen einige Aspekte des Themas "Polyamory" vor.
Nette Runde, guter Wein. Eigentlich hätte mich ja eine ausführliche
Diskussion zu der Frage interessiert, inwieweit die intersubjektiven
Morallehren des Christentums, in denen Verantwortung und wechselseitige
Abhängigkeit oft eine starke konzeptionelle Rolle spielen, bei der
Gestaltung einer schöneren "Liebe im Plural" helfen können. Meines
Erachtens haben einige zentrale zwischenmenschliche und soziale
Probleme, vor denen polyamore Menschen oft stehen, mit den den
invidualistischen-liberalen Ethiken des 19. Jahrhunderts zu tun, denen
das Marktprinzip und ein zwischenmenschliches "Nichteinmischungsgebot"
eingeschrieben ist. Aber leider kam es dazu nicht.)
"Der
blutige Kuss der Göttin. Einblicke in die Geschichte des Tantra und
Neotantra."
Vortrag
auf der Tagung "Berührungskunst zwischen Tradition und Trend",
veranstaltet durch den Tantramassage-Verband (TMV); Köln, 1. Juni 2013
(Mit einer gewissen Lust an Provokation und Ironie richtete sich der
Vortrag an ein Publikum, das in weiten Teilen mit den NewAge-Klischees
bezüglich Tantra nur allzu vertraut ist. Anhand einer Theorie über die
Geschichte des Tantra, die im angelsächsischen Raum eine gewisse
Aufmerksamkeit erzeugte, versuchte ich zumindest einen Einblick in ein
ganz anderes Verständnis von Tantra zu geben.)
"Rituelle
Erotik im Neotantra: Dienstleistung – Kunstwerk – Ritual?"
Vortrag
auf der Tagung "Berührungskunst zwischen Tradition und Trend",
veranstaltet durch den Tantramassage-Verband (TMV); Köln, 1. Juni 2013
(Tantramassage ist eine sinnliche Praktik, deren Einordnung schwer
fällt: Sie beruft sich auf 'spirituelle' Wurzeln und beinhaltet rituelle
Elemente. Sie wird in Kursen gelehrt und ist mit diversen
Ausbildungsschritten verbunden. Sie kann als Dienstleistung gebucht
werden. Manchmal wird sie mit Heilung verbunden. Von einigen Schulen
wird sie als 'Körperkunst' begriffen und mit anderen Bewegungskünsten
kombiniert. Der Vortrag versuchte innerhalb jenes Milieus, das sich mit
Tantramassage beschäftigt, eine Diskussion zur Selbstverständigung
anzustoßen.)
Julia
Wagner, Rebecca Strobe (Universität Wien, Institut für Europäische
Ethnologie): "Polyamory - Von der Möglichkeit viele zu lieben"
Radiosendung im Rahmen des Seminars: "Vermittlung
kulturwissenschaftlicher Inhalte im Radio" der Universität Wien
(Wintersemester 2012); Wien, Frühjahr 2013
(Eine Radiosendung von zwei Studentinnen, die bei den
Telefoninterviews zwar nicht den besten Sound hat, inhaltlich aber
gelungen ist: Die Sendung unterscheidet sich wohltuend von vielen
Medienbeiträgen, die mit ihrer übliche Palette an Erlebnisberichten und
betroffenen O-Tönen ermüdend langweilig sind. Mit Beiträgen der
Sozialwissenschaftlerin Karoline Boehm, dem Erziehungswissenschaftler
Thomas Schroedter und der Kulturwissenschaftlerin Barbara Eder ist das
ganze eher ein Beispiel für Bildungsradio, das zum Weiterdenken anregt,
als ein Infotainment-Happen des Dudel-Radios. Schöner Satz der jungen
Redakteurinnen: "Das Handeln nach Grundsätzen der Polyamorie ist
eigentlich eine gelebte Kritik an den gängigen Formen von Beziehung.
Dabei erheben Personen in Mehrfachbeziehungen aber nicht den Anspruch,
die richtige Lösung für jeden Menschen gefunden zu haben." Nett fand ich
auch, daß man mir das Schlusswort gegeben hat.)
"Blut
und Wasser - Alternative Vorstellungen von Familie und Verwandtschaft"
Mitdenk-Workshop auf dem "Zwölften überregionalen Treffen für polyamore
Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V. (PAN); Ferienpark Im
Waldgrund / Truckenthal, 22. - 26. Mai 2013
(Ausgehend von dem Sprichwort "Blut ist dicker als Wasser"
beschäftigte sich der Workshop mit Vorschlägen für eine alternative
Konzeption von Familie, Liebe, Partnerschaft. Dabei griff er zur
Anregung zum einen auf das Konzept "pit?-??a" aus der alt-indischen
Schrifttradition zurück - eine Art generationenübergreifende
Verpflichtung. Zum anderen versuchte er auch das "hamingja"-Konzept aus
der altnordischen Texttradition für ein Verständnis von Gemeinschaft und
Familie fruchtbar zu machen.)
"Auswahl
in der Liebe: 'Sexyness' versus 'Charakter' "
Mitdenk-Workshop auf dem "Elften überregionalen
Treffen für polyamore Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V.
(PAN); Schloss Buchenau / Eiterfeld, 21. - 24. September 2012
(In ihrem Buch „Warum Liebe weh tut“ schildert die Soziologin Eva
Illouz, wie die Eigenschaft „Sexyness“ es ermöglichte, bei der Auswahl
von „Liebespartnern“ soziale Grenzen zwischen Schichten, Milieus und
Klassen zu überwinden. Traditionellere Auswahlverfahren zur Paarung
wurden so abgelöst, Paarungsmöglichkeiten erweitert. Der Workshop
diskutierte die Funktionsweise dieser traditionelleren
Auswahlmöglichkeiten.)
"Utopie
Station - Allein zu zweit? Liebe als Utopie. Ein utopischer Salon über
die Zukunft zwischenmenschlicher Beziehungen"
Podiumsdiskussion im Rahmen der Veranstaltungsreihe Utopie Station des Nationaltheater Mannheim, der
Ernst Bloch Stiftung und der Heinrich Böll Stiftung, Ludwigshafen, 5. Juli
2012
(Man hatte mich eingeladen, um Theorie, Geschichte und Entwicklung der
Polyamorie-Bewegung (aus dem Geist des utopischen Romans) vorzustellen
und dies in ein Gespräch über (utopische) Konzepte von Liebe und
Partnerschaft einzubringen. Das wäre ein spannender
Diskussionsgegenstand gewesen: Wer entwickelte Modelle einer Liebe im
Plural, wie einflussreich waren diese Modelle und wo führen sie hin? Was
hat das mit jenen Avantgarde-Paaren zu tun, die die eingeladene
Hannelore Schlaffer untersuchte? Und wie spiegelt sich das in der
erotischen Literatur wieder, die die eingeladene Claudia Gehrke seit
drei Jahrzehnten verlegt? Stattdessen wurde ich z.B. in der ersten
Hälfte der Veranstaltung gefragt, wie das denn so sei mit der Eifersucht
und der Liebe zu mehreren. Oder was es mit dem Verein PAN auf sich habe,
bei dem ich einer von zwei Dutzend Mitgründern bin. Für die Beantwortung
solcher Fragen gibt es aber deutlich geeignetere Personen...)
"Sexuelle
Befreiung, Polyamory und Verantwortung"
Mitdenk-Workshop auf dem "Zehnten überregionalen
Treffen für polyamore Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V.
(PAN); Ferienpark Im Waldgrund / Truckenthal, 07. - 11. Juni 2012
(Es gab in den letzten 30 Jahren viel Kritik in der Öffentlichkeit an
den Bewegungen der sexuellen Befreiung und an den erotischen
Subkulturen. Der Workshop diskutierte, welche Kritik und Befürchtungen
berechtigt sind und was erotische Subkulturen tun können, um einen
verantwortungsvollen Umgang mit Sexualität und Liebe zu kultivieren.)
"Sex
als Magie, Macht und Mythos"
Dreitägiger
Workshop zu sechs okkulten sexuellen Traditionen; in Kooperation mit
dem Rabenclan - Verein zur Weiterentwicklung heidnischer Traditionen e.V.
und der Kulturinitative "Der Dritte Ort"; Bildungs- und Freizeithof
Vreden, 28. - 30. Dez. 2011
(Bachanalien - Antike, Kaula-Tantra - 9. Jahrhundert,
Libertin-Religion der "Dilletanti Society" - 1750 , Entstehung der
wissenschaftlichen Psychologie - 19. Jahrhundert, Kult der Großen Göttin
und Wicca - 1950, Kerista Village und Church of all Worlds - 1980)
"Lebensweisen
und der Aufbau polyamorer Institutionen"
Mitdenk-Workshop auf dem "Neunten überregionalen
Treffen für polyamore Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V.
(PAN); Schloss Buchenau / Eiterfeld, 30.09. bis 03.10.2011
(Fortsetzung der Veranstaltung vom Frühjahr.)
"Die
polyamore Stadt? Wie sieht ein Welt aus, in der wir nicht nur polyamor,
sondern auch gut leben können?"
Mitdenk-Workshop auf dem "Achten überregionalen
Treffen für polyamore Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V.
(PAN); Burg Waldeck, 13. bis 16. Mai 2011
(Anhand zweier Texte von Alasdair MacIntyre und Michel Foucault
untersuchten wir folgende Fragestellung: Jede Lebensweise braucht eine
Vielzahl an Gegebenheiten, damit sie gedeihen kann. Was können wir nun
tun, um unterstützende "soziale Infrastruktur" zu schaffen, die ein
gutes Leben und nicht nur ein maximal freies Leben ermöglicht? Was sind
ihre Grundeigenschaften, was muss sie leisten?
"Polyamory
und Lifestyle-Packages"
Mitdenk-Workshop
auf dem "Siebten überregionalen Treffen für polyamore Menschen",
veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V. (PAN); Jugendgästehaus Hubertus
/ Butzbach; 26. - 28. Nov. 2010
(In populären Liebesfilmen wie "Pretty Women" oder "Avatar" hat die
Liebe oft für eine oder beide Filmheldinnen einen Preis: Die Aufgabe der
bisherigen Lebensweise. Wie ist das bei non-monogamen Lebensweisen? Der
Umweltwissenschaftler Brian Davey hat für die Analyse alternativer
Lebensstile das Konzept des "Lifestyle Package" wieder aufgegriffen und
weiterentwickelt. Der Begriff drückt den Umstand aus, dass in den
praktischen Arrangements des Lebens eine ganze Reihe von Elementen über
die Zeit zusammenarbeiten und hinreichend miteinander in Einklang sein
müssen. Ein leicht überfüllter, aber ausgesprochen unterhaltsamer
Workshop, der auch dazu diente, sich die Milieugebundenheiten der
Teilnehmerinnen des Treffens bewusst zu machen.)
"How
to create a subculture?"
Mitdenk-Workshop auf dem "Sechsten überregionalen Treffen für polyamore
Menschen", veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V. (PAN); Schloss
Buchenau / Eiterfeld; 23. - 26. April 2010
(Nehmen wir an, dass eines der zentralen Unterscheidungsmerkmale von
Kulturen der unterschiedliche Stil ist, mit dem Menschen Handlungen
vollziehen: Welchen Stil wollen Menschen, die sich in polyamoren
Zusammenhängen bewegen? Und welche Stile finden wir vor? Welche Rolle
spielen hierbei Symbole, Mythen, Gebräuche, Bekleidungsgewohnheiten,
Rituale, Sprache, Treffpunkte und Infrastruktur? Oder gibt es gar keine
"Szene"?)
"Orgien
und Fruchtbarkeitskulte"
Workshop auf dem "Zweiten überregionalen Treffen für polyamore Menschen",
veranstaltet vom Polyamoren Netzwerk e.V. (PAN); Seminarhaus Taunus /
Butzbach; 8. November 2008
Julio
Lambing: "Zivilisiertheit, Fremdheit, Gemeinschaft und
Widerfahrnis. Überlegungen zur modernen Konzeption von Orgien"
in: Website des Konkursbuch Verlags Claudia Gehrke, Februar 2013
(Seit etwa zwei Jahrzehnten verbreiten sich in Europa und den USA
kollektive, sexuell grenzüberschreitende Veranstaltungen: Eine neue Form
von Orgien. Dieses Essay versucht auszuloten, ob und wie heute Orgien
möglich sind, die Tiefe und Bedeutung für unser Leben haben und mehr als
ein Angebot der sexuellen Eventkultur oder des psychologischen
Selbsterfahrungsmarktes sind. Es war ursprünglich als Diskussionsbeitrag
für einen kleinen Zirkel an Aktivisten aus diversen sexuellen
Subkulturen bestimmt, die sich mit neuen Formen kollektiver Sexualität
beschäftigen oder entsprechende Veranstaltungen an verschiedenen Orten
organisieren.)
Julio
Lambing: "Orgien als Schmelztiegel der Widerfahrnis"
in: Claudia Gehrke u. Uve Schmidt (Hrsg.): Mein heimliches Auge XXVII. Das Jahrbuch der Erotik
2012/13; Konkursbuch Verlag Claudia Gehrke; Tübingen 2012
(Eigentlich hätte diese Kurzversion des Aufsatz nocheinmal von mir
überarbeitet werden müssen – auch der Arbeitstitel war vorläufig. Aber ich empfinde es als Ehre, dass mein Text in einer
Jubiläumsausgabe des "Heimlichen Auges" abgedruckt wird, das dieses Jahr
seinen dreißigsten Geburtstag feiert. Ich habe Hochachtung vor Claudia
Gehrkes Engagement. Nicht nur, aber immer auch dann, wenn heutzutage
irgendwelche medialen Aktivitäten bezüglich Erotik und Sex als
"innovativ", "originell" und "revolutionär" angepriesen werden, lohnt
ein Blick in alte und sehr alte Ausgaben dieses Jahrbuchs. – Die in dem
Buch abgedruckte Textversion ist stark gekürzt, die Grundgedanken
sind allerdings präsent, wenn auch allzu verknappt dargelegt. Die ausführliche
Version findet sich auf der Website des Verlags, siehe oben.)
Julio
Lambing: "Der blutige Kuss der Göttin. Die Bedeutung einiger
sexueller Rituale im Tantra und Neo-Tantra"
in: Online-Magazin des Rabenclan - Verein zur Weitentwicklung heidnischer
Traditionen, Juni 2011
(Ich kenne Neotantra seit vielen Jahren. Mit diesem Aufsatz wollte ich
einmal die geschichtlichen Hintergründe einiger Traditionen des Tantra,
welche sexuelle und grenzüberschreitende Rituale einsetzen, jenen
neotantrischen Strömungen gegenüber stellen, die sich in den westlichen
Industrieländern verbreitet haben. Das mag für den ein oder die andere
desillusionierend sein. Der Text ist aber weder ein Klagegesang über die
vermeintliche Verweltlichung und Entspiritualisierung des Tantra noch
ein Abnicken des psychotherapeutischen, esoterischen oder vermeintlich
matriachatstheoretischen Salbaders, das heute gerne verbreitet wird. Und
ebensowenig wie ich das "alte" Tantra, wie es auf dem indischen
Subkontinent entstanden ist und sich dann in Asien verbreitet hat,
verherrlichen mag, schätze ich eine billige Verurteilung des Neotantra.)
Julio
Lambing: "Sexualität und Ritual - Die Spielarten des Tantra"
in: Feigenblatt - Magazin für Erotisches, Ausgabe Nr. 24: "Tantra &
Intimität"; S. 30 – 34; Frühjahr 2011
(Eine deutlich gekürzte, ungenauere, dafür aber wesentlich leichter
lesbare Version des obigen Artikels.)
Julio Lambing: "Aktionsanalytische Organisation (AAO) - AA-Kommune,
Friedrichshofs-Kommune und Otto Muehl"
Artikel im Rahmen des PolyWiki des Polyamoren Netzwerk (PAN) e.V.;
Frühjahr 2011
(Ich habe immer wieder mit Menschen zu tun gehabt, die in der AAO
gelebt haben oder sie für ihre eigene Ausbildung/Weiterbildung genutzt
haben. Zwei davon sind mir ans Herz gewachsen. Es ist dumm und
historisch ungerecht, die totalitären Spielarten lebensrefomerischer
Projekte als die herausragenden Ahnen moderner nicht-monogamer
Lebensstile und kommunitärer Sozialformen zu nennen. Dennoch muss man
ihren Einfluss anerkennen und sie auch differenziert betrachten. Das
bedeutet aber nicht, sie zu billigen oder gar zu verharmlosen. Das, was
ich im Netz dazu fand, befriedigte mich nicht, also schrieb ich was
eigenes.)
Julio Lambing: "Geschichte der polyamoren Bewegung in Deutschland,
Österreich und Schweiz"
Artikel im Rahmen des PolyWiki des Polyamoren Netzwerk (PAN) e.V.;
Frühjahr 2011
(Die deutschsprachige polyamore Bewegung hat ihre Wurzeln in einem
bürgerlichen Kontext und sollte von den klassischen ideologischen
Projekten der Freie-Liebe-Bewegung der 70er und 80er Jahre deutlich
unterschieden werden.)
Julio Lambing: "Der Beitrag des Neuheidentums und Robert Heinleins zur
Entstehung der polyamoren Bewegung"
Artikel im Rahmen des PolyWiki des Polyamoren Netzwerk (PAN) e.V.;
Frühjahr 2011
(Zur Entstehungsgeschichte gerade der US-amerikanischen polyamoren
Szene gehört unzweifelhaft auch das Neuheidentum. Das mag nicht in das
Bild einiger Vertreterinnen der antireligiösen Linken, der Queer-Theorie
oder des Feminismus passen - die wie alle Milieus dazu neigen, andere
Traditionen als die ihrigen abzuwerten und aus der Historiographie
herauszuschreiben.)
Julio Lambing: "Begriffsgeschichte des Wortes »Polyamory«"
Artikel im Rahmen des PolyWiki des Polyamoren Netzwerk (PAN) e.V.;
Frühjahr 2011
(Das Wort "Polyamory" hat seinen Ursprung bei keiner derjenigen, die
sich heute als seine Erfinderinnen bezeichnen. Seine Verwendung lässt
sich bereits für die Zwanziger Jahre Anfang des letzten Jahrhunderts
aufzeigen - wie ich dank einer Spur herausfand, die der Blogger Alan von
"Polyamory in the News" in the Media ausgrub, aber selbst nicht weiter
verfolgte. Soviel ich weiß, halte ich damit derzeit den Rekord
hinsichtlich des frühesten Belegs seiner Erscheinung. Wann aber der
Begriff "Polyamory" in seiner heutigen Verwendung entstand, ist mir
immer noch unklar. Ich tippe: späte Siebziger.)
Überregionale
Treffen des Polyamoren Netzwerks (PAN) e.V. (2008 bis 2013)
- 2008 gehörte ich zu den Gründungsmitgliedern des Vereins und seit 2009
engagiere ich mich bei der Gestaltung, Konzeption, Durchführung und
Leitung der Treffen. -
(Zwei- bis dreimal im Jahr versammeln sich 100 - 120
Menschen, die mit mehr als einer Geliebten Haus, Tisch, Bett oder
das Herz teilen. Insgesamt waren es seit 2008 mehr als 1000
Anmeldungen. Die Teilnehmerinnen stammen aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz. Die Treffen dienen
zum
Austausch,
zur Vernetzung, zur Fortbildung und zur Organisation von Aktivitäten.
Ich schätze diese Zusammenkünfte als Kondensationskerne eines
Lebenszusammenhangs, der sich erst noch am herausbilden ist. Sie leisten
einen wichtigen Beitrag in einer Gesellschaft, in der trotz aller
Befreiungsrhetorik die weit überwiegende Mehrheit der Bevölkerung einem
monogamen, christlich geprägten und romantischen Lebens- und Liebesideal
folgt. Immer wieder erleben wir als
Organisatorinnen, wie bewegend es für Teilnehmerinnen ist, hier andere
Menschen mit ähnlichen Lebensentwürfen anzutreffen und sich mit diesen
über die Herausforderungen des eigenen Lebens auszutauschen.)
Subkulturen brauchen Rückzugsorte, um gedeihen zu
können. Bitte haben Sie deshalb Verständnis, dass ich hier keine anderen
Aktivitäten zu diesem Bereich aufführen werde.